Sonntag, 29. Januar 2012

Indische Eigenarten

Mittlerweile sind drei Wochen vergangen, seit dem wir nun in Indien sind. Bestandsaufnahme: bis auf kleinere Magenunstimmigkeiten geht es uns beiden gut. Ich habe noch einen kleinen Schnupfen und Husten, ist auf dem Wege der Besserung. Grund genug euch über die Unterschiede zwischen Deutschen und Indern aufzuklären:

1. Gestik

Für einen Europäer ist es in Indien nicht einfach herauszufinden, was sein gegenüber von ihm hält und vor allem, ob dieser verstanden hat, was man von ihm möchte. Viele von euch mögen schon davon gehört haben, dass das Nicken und Kopfschütteln nicht überall das gleiche bedeutet. Ich hätte aber nie gedacht, wie stark diese Gestik unser Alltagsleben beeinflusst. Zuhause ist man sich nicht bewusst, wie oft man sich dieser Kommunikation bedient.
Die Inder haben kein eindeutiges Zeichen für Ja oder Nein. Egal was man sie fragt, sie lächeln oder schauen grimmig und wackeln dabei mit dem Kopf wie die Wackeldackel, als würden sie abwägen, was sie sagen sollen. So sieht es für einen Europäer fast immer aus wie ein "Naja, vielleicht". Und wenn man selbst mit dem Kopf nickt, fragen sie immer nach "No?" und man selbst Kopfnickend "Yes,yes!"

2. Geräusche und Körperhygiene

Während man in Deutschland schon schräg angeguckt wird, wenn man einen etwas stärkeren Hustenanfall bekommt, gehört es hierzulande zum guten Ton, immer und überall die seltsamsten Geräusche von sich zu geben, sie röcheln, gurgeln und machen sonst noch komische Geräusche so das man denken könnte das sie an etwas ersticken, doch dann kommt das erlösende Spuckgeräusch...und zwar überall, auf der Straße, im Bus (aus dem Fenster raus) und egal von wem.

Übrigens gibt es in Indien neben Toilettenpapier ein weiteres für uns Europäer unverzichtbares Produkt der Neuzeit: Das Taschentuch. In Indien hält man nicht viel vom konventionellen Naseputzen: stattdessen beugt man sich hier über ein Waschbecken, sofern eines vorhanden ist, ansonsten muss schon auch mal die Straße herhalten, hält das eine Nasenloch zu und pustet dann herzhaft durch das andere, bis alles draußen ist.
Seltsamerweise gilt in Indien die Spucke als unhygienisch, weshalb man nie einen Inder küssen sieht, die Briefumschläge keinen Kleberand haben und weshalb die Leute hier auch nie die Flasche am Mund ansetzen, wenn sie daraus trinken.
Weiterhin gilt hier allgemein die Regel: Geräusche gehören zum Genuss, ganz nach dem Motto "Warum rülpset und furzet ihr nicht, hat es euch nicht geschmeckt?"

3. Verhalten

Sehr seltsam kam uns zu Beginn der Umgang zwischen den indischen Männern vor: Von Jung bis Alt laufen hier alle Männer Händchen haltend durch die Gegend, manchmal auch Arm in Arm und wir haben schon welche gesehen, die sich während einer Unterhaltung gegenseitig die Hand gestreichelt haben. Aber nein, wir sind nicht im Paradies der Homosexuellen. Männerfreundschaften sind hier nun mal ein bisschen inniger als in Deutschland.  Auch unser Kommilitone Stefan kann ein Lied davon singen, als ihm ein Inder etwas näher rückte ;).

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                                               Männerhaltende Männchen – überall

Und damit kommen wir auch schon zu meiner letzten, unangenehmsten Beobachtung, was das Verhalten der Inder angeht. Was die zwischenmenschlichen Beziehungen angeht sind die Inder tatsächlich völlig andere Umgangsformen gewohnt als wir. Das Verhältnis zwischen Lehrer und Schülern ist hier offener als in Deutschland. Der Lehrer ist mit seinen Schülern befreundet, auch außerhalb des Unterrichts. Ist in Deutschland der Prof eine Autoritätsperson und man würde sich nie trauen, ohne eine Anmeldung in sein Büro zu treten, ist dies in Indien Gang und Gebe. Auch weiß der Lehrer genau, ob der Schüler Bachelor (hier genannt: under-graduate) oder Master (post-graduate) ist. In Deutschland sind alle Studenten gleich, egal in welchem Semester sie sich befinden. Das gleiche strikt hierarchische System gilt in allen Lebensbereichen. ich werde als Madam angesprochen und Alex als Sir.

4. Verehrung

Jeden Morgen auf unserem Weg zur Uni  begleitet uns eine Herde von Kühen und unglücklicherweise müssen wir uns an ihnen vorbeihuscheln, was immer zu einem kurzen Herzraser führt. Die Kühe sind hier heilig und unantastbar. Man profitiert von ihr nicht nur als Arbeitstier, sondern auch von ihrer Milch und dem Mist – als Baumaterial und Brennstoff.

Die Götter begleiten uns überall hin! Überall, sei es Taxi, Bus, oder Büroräume, hängen Blumenketten mit denen die Inder ihre Götter schmücken und sind ein weitverbreitetes Symbol der Ehre. Teilweise sind Busse wirklich herausgeputzt: Blumenketten schmücken die Frontscheibe, es gibt bunte Partybeleuchtung und teilweise sogar Musik.

Apropos Anti-Dreck: es gibt zwar selten Mülleimer, aber die heiligen Kühe sorgen etwas für Müllentsorgung, da sie alles mögliche wie Plastik, Pappe oder Blumenketten, die den Bus dekorieren, verschlingen. Und wo es keine Kühe gibt, gibt es sicher Hunde, Schweine und Ziegen.

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                                                  im indischen Bus nach Udupi

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die heilige Kuh

In dem nachfolgenden Video sind noch einmal die Gegensätze Deutschland-Indien zusammengefasst.

Das zweite Video ist ein kommender Kinofilm über sieben Rentner, die noch einmal von vorne anfangen wollen und im exotischen Indien landen. Schaut’s euch an: genauso geht es hier zu. Die Busfahrten erleben wir haargenau so. Enjoy!

2 Kommentare:

  1. Danke für diesen schönen Blog.
    Ich denke den Film werden wir uns bestimmt angucken. Bin ja gespannt was denn Stefan widerfahren ist. Hoffe euch gehts weiterhin so gut und ihr erlebt noch viel :)

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  2. Dort Hygiene ist... dort ist keine Hygiene :( Aber in Marokko sind handbemalte Waschbecken - man will waschen :)

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